Der Versöhnungstag
Gemäß talmudischer Überlieferung öffnet Gott am ersten Tag des Jahres drei Bücher: eines für die ganz Schlechten, ein zweites für die ganz Frommen, das dritte für die Durchschnittsmenschen. Das Schicksal der ganz Schlechten und der ganz Frommen wird sogleich entschieden; die Entscheidung über die Durchschnittsmenschen wird jedoch bis Jom Kippur aufgehoben, an dem das Urteil für alle gefällt wird. Im Gebet Unetaneh tokef heißt es:
„Am Neujahrstag werden sie eingeschrieben und am Versöhnungstag besiegelt, wie viele dahinscheiden sollen und wie viele geboren werden, wer leben und wer sterben soll, wer zu seiner Zeit und wer vor seiner Zeit, wer durch Feuer und wer durch Wasser, wer durch Schwert und wer durch Hunger, wer durch Sturm und wer durch Seuche, wer Ruhe haben wird und wer Unruhe, wer Rast findet und wer umherirrt, wer frei von Sorgen und wer voll Schmerzen, wer hoch und wer niedrig, wer reich und wer arm sein soll. Doch Umkehr, Gebet und Wohltun wenden das böse Verhängnis ab.“[8]
Gemäß Maimonides „hängt alles davon ab, ob die Verdienste eines Menschen die von ihm begangenen Fehler überwiegen“. Deshalb sind zahlreiche gute Taten vor dem Urteil am Versöhnungstag angebracht. Wer von Gott als wertvoll erachtet wird, wird ins Buch des Lebens eingeschrieben, und so wird im Gebet gesagt: „Schreibe uns ins Buch des Lebens ein.“ Auch begrüßt man sich mit den Worten: „Mögest du (im Buch des Lebens) für ein glückliches Jahr eingeschrieben werden.“
Jom Kippur ist der heiligste und feierlichste Tag des jüdischen Jahres. Für Frauen ab 12 und Männer ab 13 Jahren ist er ein Fasttag, an dem 25 Stunden gefastet wird, d. h. von kurz vor Sonnenuntergang des Vortags bis zum nächsten Sonnenuntergang wird weder flüssige noch feste Nahrung eingenommen. Jom Kippur ist der einzige Fasttag, der auch an einem Sabbat begangen wird – die anderen Fasttage werden verschoben, sollten sie auf einen Sabbat fallen. Über die an Sabbaten und allen Feiertagen nicht erlaubten Tätigkeiten hinaus – und im Gegensatz zu diesen – kommt an Jom Kippur das Verbot der sexuellen Betätigung hinzu. Streng religiöse Juden tragen an Jom Kippur keine Lederschuhe und kleiden sich in Weiß. Jom Kippur wird auch heute von einer Mehrheit der Juden, auch nicht religiösen, in mehr oder weniger strikter Form eingehalten.
In Israel sind an diesem Tag alle Restaurants und Cafés geschlossen (ausgenommen arabische). Das gesamte öffentliche Leben steht still. Alle Grenzübergänge (auch der Flughafen) sind geschlossen. Obwohl es kein behördliches Fahrverbot gibt, sind die Straßen fast vollständig autofrei, nur Krankenwagen, Feuerwehr und Polizei verkehren. Dafür sind viele Radfahrer und Inline-Skater unterwegs. Es gilt als unhöflich, an diesem Tag in der Öffentlichkeit zu essen oder Musik zu hören. Es gibt weder Radio- noch Fernsehprogramme.
Quelle: Wikipedia